Serhij Zhadan ist kein Rockstar. Während seine Bandmitglieder an diesem Tag rotweinselig beisammen sitzen, Lieder singen und Witze reißen, lehnt Zhadan an der Hauswand vor der Tür und spult konzentriert ein Interview nach dem anderen ab. Er reflektiert über Heimat, Identität und Sprache. Über Helden und Heilige. Er denkt nach, wägt ab und holt weit aus, um Dinge zu erklären. Geduldig. Manche Dinge wohl zum hundertsten Mal.
Serhij Zhadan ist ein Rockstar. Als er wenige Stunden später mit den Musikern auf die Bühne tritt, ist der Kulturpalast prall gefüllt. Die Gäste verstopfen die Gänge, es gibt kein Durchkommen mehr. Als Zhadan den Stehenden anbietet, sich doch auch auf dem Holzboden der Bühne zu setzen, gehen ein paar junge Mädchen mit gesenktem Blick und geröteten Wangen auf die Bühne. Wo kommen hier, in der 240.000-Einwohner-Stadt Czernowitz im äußersten Südwesten der Ukraine, nur plötzlich all diese jungen Leute her?
Wiener Zeitung