Februar 2013
Jurij Andruchowytsch (13. März 1960 in Stanislaw, seit 1962 Iwano-Frankiwsk, Ukraine) ist ein ukrainischer Schriftsteller, Dichter, Essayist und Übersetzer. Er gilt zu Beginn des 21. Jahrhunderts als eine der wichtigsten kulturellen und intellektuellen Stimmen seines Landes. Andruchowytschs Werke sind international übersetzt und verlegt worden.
Bereits seit 1982 wurden seine ersten Gedichte in Literaturzeitschriften veröffentlicht; 1985 gründete er zusammen mit Wiktor Neborak und Olexander Irwanez die literarische Performance-GruppeBu-Ba-Bu (steht für бурлеск – балаган – буфонада, übersetzt etwa: Burleske, Rummel, Possenreißer). Im gleichen Jahr erschien Andruchowytschs erster Gedichtband Nebo i ploschtschi(„Himmel und Plätze“) und wurde von der Kritik positiv aufgenommen. Seine Armeezeit verarbeitete er satirisch in sieben Kurzgeschichten, und einem Drehbuch, das der Regisseur Andrei Dontschyk 1991 für den Film Oxygen Starvation (Кислородное голодание) verwendete. Sie erschienen 1989 unter dem Titel Links, wo das Herz schlägt ( Зліва, де серце: Оповідання) und wurden 1994 in Teilen von Anna-Halja Horbatsch ins Deutsche übersetzt und herausgegeben. Der Erzählband markiert den Beginn von Andruchowytschs Hinwendung zur Prosa. 1991 verabschiedete er sich mit dem letzten Gedichtband Exotische Pflanzen und Vögel von der Poesie. („Es ist kriminiell, nach dem 30. Lebensjahr noch Gedichte zu schreiben“).
1989 bis 1991 belegte Andruchowytsch am Moskauer Maxim-Gorki-Institut Kurse für Fortgeschrittene Literatur. Im November 1989 führte ihn eine Lesereise durch mehrere US-amerikanische Universitätsstädte. Seine Romane werden erfolgreich in der Ukraine und im Ausland verlegt, zuletzt erschien im August 2008 Geheimnis (Таємниця. Замість роману, 2007) in deutscher Sprache. Die ersten drei Romane griffen in satirisch-kontroverser Art Themen der post-sowjetischen Realität auf: Mit Rekreaziji („Seitensprünge“) persiflierte er die nationale Renaissance in der Ukraine, Moskowiada zielt auf russischen Kulturchauvinismus gegenüber den Emanzipationsbewegungen früherer Sowjetrepubliken, was durchaus auch kontroverse Reaktionen beim Publikum hervorrief und von seinem Aufenthalt in Moskau inspiriert sein dürfte. Zwölf Ringe handelt dagegen von einem fiktiven österreichischen Fotografen, der auf der Suche nach seinen galizischen Wurzeln die chaotische Gegenwart der Ukraine erlebt.
Neben seiner eigenen schriftstellerischen Arbeit übersetzt Andruchowytsch aus der deutschen, polnischen, russischen und englischen Sprache ins Ukrainische, so beispielsweise Gedichte von Rilke und Boris Pasternak, sowie Shakespeares Hamlet, aber auch Dichter der amerikanischen Beat Generation.
Juri Andruchowytsch wurde mit nationalen und internationalen Preisen ausgezeichnet, darunter 2001 mit dem Herder-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung, mit dem kulturelle Leistungen in Osteuropa gewürdigt werden. 2005 erhielt Juri Andruchowytsch den Sonderpreis zum Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück und war Gast des Berliner Künstlerprogramms des DAAD. 2006 bekam er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. In seiner Heimat ist er Vizepräsident des Ukrainischen Schriftstellerverbands (AUP – Assoziazija ukrajinskych pysmennykiw).